Das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) vom 31. Januar 2025 – 10 SLa 564/24 – befasst sich mit der Frage, ob Wege- und Umkleidezeiten am Flughafen Frankfurt als vergütungspflichtige Arbeitszeit anzusehen sind.
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt:
Der Kläger war bei der Betreiberin des Flughafens Frankfurt als Flugzeugabfertiger und zuletzt als Fahrer im Fahrzeugpool beschäftigt. Um zu seinem Arbeitsplatz im Gebäude 414 innerhalb des Sicherheitsbereichs zu gelangen, musste er Kontrollpunkte passieren, an denen Personen- und Ausweiskontrollen stattfanden. Zudem war er verpflichtet, im Sicherheitsbereich eine gelbe Warnweste mit dem Namensaufdruck der Beklagten zu tragen. Für die Wege innerhalb des Flughafengeländes nutzte der Kläger Shuttlebusse der Beklagten. Im Gebäude 414 standen Umkleideräume zur Verfügung, in denen der Kläger seine Dienstkleidung an- und ablegen konnte. Die Beklagte setzte pauschal jeweils fünf Minuten für das Umziehen vor und nach der Arbeit an. Der Kläger forderte die Vergütung der Wegezeiten vom Betreten des Sicherheitsbereichs bis zur Arbeitszeiterfassung und zurück, sowie der Umkleidezeiten.
Entscheidung des LAG Hessen:
Das LAG Hessen wies die Berufung des Klägers zurück und bestätigte damit das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main.
- Wegezeiten: Das LAG entschied, dass der innerbetriebliche Weg von den Kontrollstellen bis zur Arbeitszeiterfassung im Gebäude 414 keine vergütungspflichtige Arbeitszeit darstellt.
- Der Weg zur Arbeit und zurück ist grundsätzlich keine fremdnützige Tätigkeit und somit nicht zu vergüten.
- Die Arbeit beginnt grundsätzlich erst mit der Aufnahme der eigentlichen Tätigkeit am konkreten Arbeitsplatz, hier mit der Betätigung der Arbeitszeiterfassung im Gebäude 414. Das Betreten des Betriebsgeländes allein reicht nicht aus.
- Auch die Größe des Flughafens und die Notwendigkeit, Kontrollpunkte zu passieren und Shuttlebusse zu nutzen, ändern daran nichts. Diese Umstände sind dem spezifischen Betrieb eines Flughafens geschuldet und machen die Wege nicht zu fremdnütziger Arbeit.
- Die Sicherheitskontrollen dienen in erster Linie der Umsetzung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen nach dem LuftSiG und damit einem öffentlichen Anliegen, nicht der Konkretisierung einer Arbeitspflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Die Mitwirkung des Arbeitnehmers an den Kontrollen ist eine Duldungspflicht. Eine Betriebsvereinbarung („Zugang zu Sicherheitsbereichen“) sieht Kontrollvorgänge grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit vor.
- Die Bereitstellung von Shuttlebussen durch den Arbeitgeber macht die Nutzung nicht automatisch zur Arbeitszeit. Es handele sich um eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers, von der auch die Arbeitnehmer profitieren.
- Umkleidezeiten: Auch die Umkleidezeiten und der Weg dorthin sind laut LAG Hessen nicht als vergütungspflichtige Arbeitszeit einzuordnen.
- Zwar ist das An- und Ablegen vorgeschriebener und nur im Betrieb zu tragender Dienstkleidung regelmäßig vergütungspflichtig, da es ausschließlich fremdnützig ist.
- Im vorliegenden Fall stand es den Mitarbeitern jedoch frei, ob sie die Dienstkleidung bereits zu Hause anlegen oder sich im Betrieb umziehen. Da die Umkleidemöglichkeiten im Betrieb lediglich eine zusätzliche Option darstellten, ist die Umkleidezeit, auch wenn sie im Betrieb erfolgt, keine vergütungspflichtige Arbeitszeit. Entsprechend gilt dies für den Weg zum Umkleideraum.
- Der Umstand, dass der Kläger beim Betreten des Sicherheitsbereichs zwingend eine gelbe Warnweste tragen muss, führt zu keiner anderen Beurteilung. Das Überziehen der Weste dauert nur kurz und ist vernachlässigbar. Zudem ist dies mit dem Mitführen von Betriebsmitteln vergleichbar, was nach der Rechtsprechung des BAG einen nicht fremdnützigen Weg zur Arbeit nicht in eine vergütungspflichtige Tätigkeit umwandelt. Die Anordnung zum Tragen der Warnweste dient letztlich der Betriebssicherheit im sicherheitsrelevanten Bereich.
Zulassung der Revision
Das LAG Hessen ließ die Revision gegen sein Urteil zu, da es einerseits nicht hinreichend geklärt erscheint, ob die besonderen Umstände des Betriebs (große Entfernungen, Verhaltensregeln) eine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts rechtfertigen. Andererseits sei nicht ausreichend geklärt, ob das Tragen einer auffälligen Warnweste mit Arbeitgeberaufdruck innerhalb des Betriebsgeländes eine ausschließlich im Arbeitgeberinteresse liegende fremdnützige Tätigkeit darstellt.
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