Das Urteil behandelt die außerordentliche Kündigung eines Chorleiters einer katholischen Kirchengemeinde aufgrund seines Austritts aus der katholischen Kirche. Im Kern der Auseinandersetzung stand die Frage, ob der Kirchenaustritt einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung darstellt und inwiefern die Grundordnung des kirchlichen Dienstes mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vereinbar ist.
Inhaltsverzeichnis
Entscheidung (LAG Hessen, Urteil vom 19.11.2024 – Az.: 4 SLa 127/24)
Das Hessische Landesarbeitsgericht wies die Berufung der Beklagten (der katholischen Kirchengemeinde) gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden ab und bestätigte somit, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist.
Kernaspekte:
- Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Kirchenaustritt des Chorleiters keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB darstellt.
- Die arbeitsvertraglichen Regelungen, die auf die Grundordnung des kirchlichen Dienstes Bezug nehmen, waren zum Zeitpunkt der Kündigung unwirksam.
- Die Anforderung an den Chorleiter, in der Kirche zu verbleiben, stellt eine unmittelbare Benachteiligung aufgrund der Religion dar, die nicht gerechtfertigt ist. Es handelt sich um Beschäftigungs- und Entlassungsbedingungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG.
- Die Anforderung an einen Chorleiter, katholisch zu sein, ist keine wesentliche berufliche Anforderung im Sinne von Artikel 4 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG.
- Die Kündigung verstößt gegen § 7 Abs. 1 AGG, der Diskriminierungen wegen der Religion oder Weltanschauung verbietet.
Das Gericht wies darauf hin, dass selbst wenn man annimmt, die Religionszugehörigkeit sei eine wesentliche Anforderung, so wäre diese im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt im Sinne der EU-Richtlinie, da keine erhebliche Beeinträchtigung des Ethos der Beklagten durch den Kirchenaustritt erkennbar sei. Es wurde nicht dargelegt, dass der Kläger aktiv gegen die Wertvorstellungen der katholischen Kirche arbeitet.
Zusammenfassend stellt das Urteil einen wichtigen Beitrag zur Auslegung des AGG im kirchlichen Arbeitsrecht dar und stärkt die Rechte von Arbeitnehmern, die aus der Kirche austreten und dennoch ihre berufliche Tätigkeit weiterhin ausüben möchten.
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